Gewalt

Das Wort „Gewalt“ geht auf das germanische Verb „waldan“ und ahd. „waltan“ zurück, was so viel wie „stark sein, beherrschen“ bedeutet. Aus dem nhd. sind u.a. die Formen „walten“ und „verwalten“ entstanden. Im ahd. erscheint erstmals die Form „gewalt“ und „giwalt“ sowohl in der Bedeutung von „podestas“ (Macht), als auch in der Bedeutung von „violentia“ (Gewalttätigkeit, Unrecht, Zwang). ( siehe meinen Thementext „Macht“).
Das bis in die Gegenwart bestehende vieldeutige Wort „Gewalt“ ist jedoch ein deutsches Phänomen. Dem römischen Rechtsdenken war die Bedeutung vom ahd. „waltan“ („Verfügungsmacht haben“) fremd. Den romanischen Sprachen fehlt die entsprechende Mehrdeutigkeit. Soweit der menschbezogene Gewaltbegriff.
Allgemein verstehe ich unter Gewalt – einschließlich der Naturgewalten – eine Kraft- oder Energieeinwirkung auf etwas oder jemanden, bei dem ein Widerstand durch eine größere Kraft oder Macht (gewaltsam) überwunden wird. In diesem grundsätzlichen Wortverständnis liegt noch kein Unrecht wie machtvolle Eingriffe durch Naturgewalten zeigen.
Anders verhält es sich, wenn man den Begriff zwischenmenschlich oder in Bezug auf Natur und Lebewesen bezieht. Hier bekommt Gewalt, durch den Aspekt des freien Willens (siehe meinen Text Willen), eine entscheidende ethische Komponente. Gewalt, physisch oder psychisch, wird dann zur willensbrechenden Macht und zur ethischen Verantwortung für den Machthaber mit allen daraus resultierenden Folgen, nicht nur im juristisch- irdischen, sondern auch im spirituellen-karmischen Sinne.
Irdisch kollektivem Bewusstsein entsprechend wird Gewaltanwendung sozial und staatlich als gesellschaftliche Reglement-Notwendigkeit angesehen, ist entsprechend gesetzlich installiert und variabel rechtslegitimiert, unberücksichtigt höherer, immer-währender geistiger und ethischer Gesetze. Gewalt ist nie rechtens.
Gewalt schafft ein hierarchisches Seinsverständnis bezüglich Macht über andere und anderes, was dem Leitsatz „alle Menschen sind gleich“ widerspricht. Die vermeintlich souveräne Staatsmacht beansprucht das Gewaltmonopol als scheinbarer Garant für Frieden und Ordnung. Die Realität sieht anders aus.
Wie immer man Gewalt rationalisiert und damit die Ordnungsnotwendigkeit rechtfertigt, zeigt sich doch durch die reale, scheinbar nie endende Existenz der Gewalt über Zeiten und Kulturen hinweg ein kollektives Bewusstseins- und Entwicklungsdefizit der Menschheit im Ganzen. Die Unreife der Menschen auf diesem Arbeits- und Lernplaneten evoziert Macht- und Gewaltansprüche mit Folgen von Kriegen, Vergewaltigungen, Ermordungen, Nötigungen, Erpressungen, Unterdrückungen usw…
Das Thema Gewalt wird ethisch sehr ambivalent und machthaberisch gehandhabt, je nach Zeitgeist und Kultur. Man taumelt im scheinbar unlösbaren Konflikt zwischen Gewalt und Ordnung.
Gewalt tötet die Freiheit des Menschen und damit seinen existentiellen Trumpf – die Kreativität.

Menschenbezogene Gewalt ist ein slbstdestruktiver Ausdruck spiritueller Unreife der Menschheit.