Gier

Das Wort „Gier“ geht auf die indogerm.Wurzel „ghi“ zurück und das findet sich im althochdeutschen „girig“. Geblieben ist das Zeitwort „gieren“ im Sinne von gierigem Verlangen.
Man versteht darunter ein ungezügeltes, maßloses, unersättliches Verlangen nach allen möglichen materiellen Dingen wie Nahrung, Geld, Eigentum oder Besitz aller Art,  aber auch nach immateriellen oder sozialen Werten wie Status oder Macht.
Ein Streben nach Liebe, Sanftmut, Geduld, Einklang, Harmonie usw. verbindet sich mit dem Begriff  Gier nicht. Es geht also bei Gier um besonders begehrte triebverknüpfte Aspekte, nicht um ungezügeltes Verlangen nach ethisch Wertvollem.
Das intensive, heftige und maßlose Verlangen nach angeführten Begehrlichkeiten ist im Falle der Gier in dieser Dimension nicht Ausdruck einer wünschenswerten Triebbefriedigung aufgrund eines Defizites, sondern ein übermäßiges und entfesseltes, ungebremstes Verlangen nach etwas, ohne Vernunft, Besonnenheit, Maß und Berücksichtigung entstehender Folgen gieriger Befriedigung. Seien diese gesundheitlicher, gesellschaftlicher/sozialer, ethischer oder sonstiger Natur. Das Wegfallen jeglicher natürlicher Regulationsmechanismen durch die maßlose Triebbefriedigung ist für mich das Wesentliche der Gier im Unterschied zur Befriedigung menschlicher Bedürfnisse. Befriedigungen und Streben z.B. nach Erfolg und Anerkennung sind menschliche und evolutionär notwendige, natürliche Triebfedern die per se noch keine Gier ausmachen. Das Maß des Verlangens oder der Triebbefriedigung ist also für die Gier entscheidend. (ich verweise auf meine Textbeiträge “Maß“ und „Sucht“).
Rücksichtslos maßlos ist aber ein Liebesdefizit. In Bezug auf die Liebe zu sich und auch zu anderen. Gierig sein ist also ein mehr oder weniger großer emotionaler Defizitausdruck und damit eine neurotische Persönlichkeitsstörung. (siehe meinen Themenbeitrag „Neurose“). Es ist ein geistiger Irrtum und eine Illusion zu meinen, durch gieriges Verlangen ein Liebesdefizit kompensieren zu können und damit die Selbstgenügsamkeit und Triebregulation erreichen zu können.
In massiver Form kennen wir das z.B aus der Forensik im Falle von „Mord durch Habgier“. Aber auch Kriege sind sehr oft Ausdruck von Habgier gepaart mit Machtgier, wie die Geschichte – auch Zeitgeschichte – dramatisch zeigt. Der Grat des Maßverlustes ist durch Allmachtsallüren der Menschen oft sehr schmal. Die Gier findet hemmungslosen und Leben unberücksichtigenden, respektlosen Lauf.

Gier ist neurotischer Ausdruck eines Liebesdefizits bei unberücksichtigten Folgen, ohne wirkliche Befriedigungschance.